Assistenzsysteme und Qualifizierungsmanagement in der Maritimen Wirtschaft

Workshop am 21.09.23 anlässlich der Digitalen Woche des Landkreises Leer im Maritimen Kompetenzzentrum

New Work an Bord: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Schiffsbetrieb und Menschen? Dies war die zentrale Fragestellung eines Workshops mit über 30 Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft, den die MARIKO GmbH ausgerichtet hat. Im Fokus standen dabei innovative Assistenzsysteme, die dazu beitragen sollen, den Schiffsbetrieb sicherer zu machen bzw. Prozesse zu vereinfachen. Darüber hinaus wurden digitale Qualifizierungssysteme vorgestellt, die eine zielgerichtete Personalentwicklung unterstützen.

Toralf Zimmermann von Abeking & Rasmussen präsentierte in seinem einführenden Impulsvortrag die Anforderungen einer Werft im Kontext der Digitalisierung. Eindrucksvoll stellte er die Komplexität der Bauprozesse vor. So seien an einer Yacht allein neun Hauptbaugruppen beschäftigt, kämen bis zu 15.000 Geräte, über 100.000 Bausteile und mehr als 13.000 Dokumente zum Einsatz, die allesamt im der IT-Landschaft abgebildet und gemanagt werden müssen.

Assistenzsysteme – Havarievermeidung und effiziente Bestellprozesse an Bord

Jürgen Höpcke von Niedersachsen Ports und Marvin Bathmann vom DLR in Oldenburg berichteten zum Projekt SmartKai. Ziel des Vorhabens war die Entwicklung eines schiffsunabhängigen Assistenzsystems, das durch eine hafenseitige Infrastruktur realisiert wird und sich an Lotsen und das nautische Personal auf einer Schiffsbrücke richtet. LiDAR, AIS und hydrologische Sensoren wurden eingesetzt, um eine kontinuierliche und präzise Bewertung der Position und der Bewegungen eines Schiffes, das sich der Hafeninfrastruktur nähert, zu ermöglichen. Im Rahmen des Projekts wurden spezifische Sensoren entwickelt, die den hafenseitigen und systemischen Anforderungen entsprechen. Das Assistenzsystem wurde bei Niedersachsen Ports in Cuxhaven eingesetzt und getestet. Die Ergebnisse und Resonanz auf das Vorhaben sind so erfolgreich, dass sich nun ein Start-up gegründet hat, die den Prototyp zu einem kommerziellen Produkt weiterentwickeln möchte.

Matthias Reiter von der Emder Schiffsausrüstung präsentierte ein Tool für die Abwicklung von Bestellvorgängen an Bord für Lebensmittel und andere Produkte. Das Tool ermöglicht den Reedereien eine passgenaue Bestellung von Bord und Bereitstellung an Häfen in aller Welt. Einsehbar sind sämtliche Verfügbarkeiten und Preise von Artikeln. Das Programm gibt Hilfestellung bei der Kalkulation der Mengen und Kosten und sogar Hinweise für die ausgewogene Ernährung der Besatzung und Zubereitung von Speisen.

Qualifizierungstools – übersichtliche Karriereplanung und digitale Weiterbildung

Jörg Bontjer von der MARIKO GmbH berichtet von einem deutsch-niederländischen Projektansatz, der derzeit in Beantragung ist. Mit dem Projekt MyCaDO soll eine digitale Entwicklungsplattform für Fachkräfte der Schifffahrt entstehen, die verschiedenen Karrierewege begleitet. Damit würden die Beschäftigten die Möglichkeit erhalten, sich kontinuierlich und unabhängig weiterzuentwickeln und Fähigkeiten und Qualifikationen zu erwerben, die für die aktuelle bzw. nächste Karrierestufe erforderlich sind. Im Ergebnis könnte die komplette Branche von dem MyCaDO-Ansatz profitieren. Nicht nur die Arbeitnehmer selbst, sondern auch die Unternehmen, welche auf besser qualifizierte Mitarbeiter zurückgreifen und flexibler auf Entwicklungsanforderungen reagieren können und auch die Bildungseinrichtung, die ihre Qualifizierungsangebote zielgerichteter einsetzen können.

Herr Dr. Ahlers von der Balance GmbH Bremen berichtete über das Projekt SMALO, in dem ein digitales Weiterbildungsportal für Beschäftigte in der Logistik entsteht. Hier werden Weiterbildungsangebote für die Logistik-Branche gebündelt. Dadurch wird Weiterbildungsinteressierten über einen zentralen Anlaufpunkt mehr Übersichtlichkeit und ein besserer Zugang zu Angeboten ermöglicht. Zusätzlich soll das Portal über den Einsatz KI-basierter Verfahren individuelle und flexible Lernpfade anbieten, die Nutzer ihrem konkreten Lernbedarf abholen und sie bei der Auswahl von passenden Lernangeboten unterstützen.

Erfolg der Systeme steht und fällt mit der adäquaten Einbindung der Nutzer

Im Anschluss an die Beiträge wurde intensiv über die Handhabbarkeit der Instrumente diskutiert. Die Digitalisierung bietet nach Ansicht der TeilnehmerInnen erhebliche Vorteile bei der Vereinfachung von Prozessen und bei der Vermeidung von Fehlern. Dies ist – gerade in Zeiten mit einem ansteigenden Fachkräftemangel – von erheblicher Bedeutung. Allerdings steht und fällt der Erfolg der Systeme mit der adäquaten Einbindung der (potenziellen) Nutzer schon bei der Entwicklung (Stichwort „human factor“) und der Sicherstellung der Datensicherheit und Klärung des rechtlichen Rahmens.